Kapstadt - Zwischen Natur- und Einkaufsparadiesen (8.-11. November 2007)

Nach unserer wunderschönen und erlebnisreichen Woche im Krügernationalpark flogen wir weiter nach Kapstadt. Vom Kapstädter Flughafen galt es jedoch noch etwa eine Stunde weiterzufahren, um zu unserer Unterkunft in Simonīs Town zu kommen. Simonīs Town liegt südlich von Kapstadt an der Westseite der False Bay. Wir bezogen unser spartanisches Zimmer im Backpackers, von dessen Terrasse man auf das Meer hinausblicken konnte. Bis auf Bett und ein Waschbecken war das Zimmer vollkommen leer.
Den folgenden Tag am Kap nutzten wir, um die Halbinsel zu erkunden. Simonīs Town hatten wir als Basis gewählt, um von dort unsere für später geplante Hochseetour zu starten. Es hatte aber noch viel mehr zu bieten: Gleich am ersten Morgen besuchten wir die Pinguinkolonie am Boulder's Beach. Ein kleiner Holzsteg führte um den von den Brillenpinguinen okkupierten Standabschnitt herum. Vollkommen unscheu standen die Vögel hinter der niedrigen Umzäunung.
Außerdem war Simonīs Town auch ein idealer Ausgangspunkt für unsere Tour über einen sich direkt am Meer entlangwindenden Weg nach Süden, bis die Straße einige Kilometer vor dem Kap nach Westen abbog und wir dort zum Eingangstor des Tafelberg-Nationalparkes gelangten. Der Nationalpark ist in kleinere und größere Teile zersplittert, die sich über die gesamte Kaphalbinsel verteilen.Helmperlhuhn Wir befanden uns nun im südlichen Teil. Die Landschaft wirkte zuerst nicht unbedingt einladend auf uns, was vor allem den dunklen Wolken am Himmel geschuldet war, die für gelegentlichen Regen sorgten. Bäume gab es hier nicht, dafür mannshohe Sträucher und kleineres Gebüsch, unsere erste Begegnung mit dem sogenannten Fynbos.
Auf dem zweiten Blick war es eine Landschaft zum Verlieben. Am Kap sollen mehr Pflanzenarten heimisch sein als zu Hause in Deutschland. Was zunächst wie Gestrüpp erscheint, ist eine unglaubliche Vielfalt auf kleinstem Raum. Immer wieder trugen einige dieser Sträucher leuchtende Blüten, gelbe, weiße, rötliche. Unser erster Besuch galt dem Infozentrum, das wir kurz nach dessen morgendlicher Öffnung erreichten, wo wir Informationen zum Nationalpark sammelten. Wir entschieden uns dann, einfach noch weiter südlich zu fahren, bis wir schließlich fast direkt am Cape Point angelangt waren. Ein kurzer Fußmarsch zum Leuchtturm hinauf, wenn auch mitten im Regen, war traumhaft und bot eine wunderbare Aussicht auf den tosenden Atlantik unter uns. Für einen kurzen Zeitpunkt konnten wir uns fühlen, als seien wir am anderen Ende der Welt angekommen… Doch das wirkliche Ende lag etwas unterhalb des Cape Point, und, wer hätte das vom Ende der Welt gedacht, es ist bequem über eine Asphaltstraße zu erreichen. Eine Tafel verkündet, daß man dort angekommen ist, wo geographisch genau das Kap der Guten Hoffnung liegt. Unweit davon zupften Strauße gezielt die violetten und roten Blüten der Bodenvegetation ab. Für diese Vögel muß so das Schlaraffenland aussehen. War uns am Cape Point unser früher Aufbruch zugute gekommen, so daß wir die Einsamkeit des Morgens genießen konnten, war der Vormittag nun schon weiter fortgeschritten und hatte Busladung über Busladung von Touristen in den Park gebracht, die sich gruppenweise hinter dem Schild "Cape of Good Hope" ablichten ließen, um gleich darauf wieder zu verschwinden, um Platz für die nächsten zu machen. Wir mußten auf unser Bild verzichten. Man hätte uns in der Menschenmasse nicht ausmachen können.
Wir hatten dafür die Zeit, ein wenig zwischen den Felsblöcken herumzuklettern. Ein einzelner Pinguin war hier an Land angegangen und hockte, immer weiter nach untern rutschend, auf einem Felsen.Am Kap Es gab eine wahre Invasion von asselartigen Tieren, manche mit Stacheln, die prozessionsartig über die Felsblöcke krabbelten. Offenbar ernährten sie sich von angespültem Kelp, den mannshohen Braunalgen, die vor der Küste wachsen.
Im Park wollten wir noch den Olifants Beach an der Westküste ansehen. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir Buntböcke, eine seltene Unterart des häufigeren Bleßbockes, die hier und im Bontebok-Nationalpark vorkommt.
Unser Ausflug zu einem Schiffswrack endete jedoch schon frühzeitig, da sich uns der lokale Paviantrupp in den Weg stellte. Die Paviane, die hier, wie andernorts, in der Vergangenheit von Touristen gefüttert worden waren, hatten die Scheu vor Menschen verloren, und man mußte mit Überfällen rechnen. Zwei Männer waren dabei, die Tiere von den Parkplätzen fortzulocken, doch eben gerade dorthin, wo wir entlanglaufen wollten. So erkundeten wir eine ganze Weile den felsigen Strand. Ein Südlicher Seebär saß in der Sonne, verschwand aber bald im Meer. Schwarze Austernfischer und Heilige Ibisse suchten den Strand nach Freßbarem ab. Die Felsen waren übersät mit einer Unmenge von verschiedenen Napfschneckenarten.
Mittlerweile war es schon Mittagszeit, und wir wollten nun nach Kapstadt fahren und dabei an der Westküste den berühmten Chapmanīs Peak benutzen, eine kurvenreiche Küstenstraße, die sich hoch über dem Meer in Richtung Kapstadt schlängelt. Leider war sie jedoch wegen der Witterungsbedingungen geschlossen.
Die Alternative war, einen Umweg durch das Bergland zu fahren, um zur Waterfront, mitten in der Stadt, zu gelangen. Das Kapland ist eher mediterran als afrikanisch, aber an der Waterfront, Kapstadts Shopping- und "Freß"-meile, verliert man jegliches Gefühl dafür, eigentlich in einem afrikanischen Land zu sein.Brillenpinguine Unendlich viele Geschäfte, Shoppingmalls und Restaurants lassen ganz schnell die Armut einige Kilometer weiter in den Townships vergessen, wenn man denn selbst nicht davon betroffen ist. Gern hätten wir für den nächsten Tag eine Tour nach Robben Island gebucht, doch man muß scheinbar schon weit vor Urlaubsantritt buchen, so gefragt ist dieser Ausflug.
In der Abenddämmerung kamen wir nach Simonīs Town zurück, verschwanden aber noch nicht im Backpackers, sondern fuhren noch einmal zu Boulderīs Beach, dem Pinguinstrand. Diesmal aber nicht nur, um die Pinguine zu sehen, sondern um drei Südliche Glattwale zu beobachten, die sich ganz nah am Ufer im Wasser vergnügten. Ein unbeschreibliches Erlebnis, schließlich hatten wir noch niemals zuvor solche Riesen gesehen.
Am zweiten Tag am Kap besuchten wir zunächst das Naturschutzgebiet Rondevlei. Wir folgten dabei einem Tip in unserem Buch "Southern African Birdfinder". Für uns war es seltsam, inmitten der Wohngebiete dieses umzäunte Feuchtgebiet zu entdecken, komplett mit Flußpferden. In einem Stadtgebiet namens Grassy Park, das nicht mehr zu den besten Wohnlagen gehört, gelegen, erstreckt sich das Gebiet um einen recht großen See mit umliegenden Dünen. In den großen Schilf- und Röhrichtflächen kann man vielerlei Reiherarten, darunter Nachtreiher, Ibisse und Enten beobachten. Die Rosapelikane flogen in Formation direkt über die nahen Siedlungen hinweg.
Etwas weiter östlich von Rondevlei befinden sich die Strandfontein Sewage Works, die Klärwerke der Cape Flats, welche tatsächlich Vogelbeobachter anziehen, eine weitere Empfehlung unseres Buches, um Vögel zu beobachten. Auf dem Weg dorthin wurden die Häuser an der Straße immer kleiner und vernachlässigter. Müll türmte sich am Straßenrand, kaputte Autos und doch mittendrin bog irgendwo eine Straße zum Zeekoevlei, einem bei Anglern und Braaiern beliebten Ausflugsziel, ein, von wo wir zu den Klärbecken gelangen konnten. Zu unserer Überraschung mußten wir uns als Vogelbeobachter auf dem Werksgelände nicht wie in Deutschland als halblegale Besucher fühlen, sondern Beobacter waren ausdrücklich willkommen und machten davon zahlreich Gebrauch. Hier sahen wir in den verschiedenen Klärteichen Unmengen von Waffenkiebitzen, Rosaflamingos und verschiedene Entenarten.
Danach war vom Tag noch viel Zeit übrig, so daß wir noch den Botanischen Garten von Kirstenbosch unterhalb des Tafelberges besuchten.Kirstenbosch Am unteren nordöstlichen Hang des gigantischen Tafelbergs gelegen, war dies einer der schönsten Orte unserer gesamten Reise. Kirstenbosch ist viel mehr als ein Botanischer Garten, es ist eine eigene Welt praktisch mitten in der Stadt. An die von Gärtnern gepflegten Areale schließt sich hangaufwärts das Naturschutzgebiet an, und wer will, kann von hier aus den Tafelberg ersteigen und unterwegs viele der Pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung wachsen sehen. Dem Besucher bietet sich ein wunderschöner Ausblick auf die weiter unten liegende Stadt, je schöner, desto höher er selbst steigt. Die einmalige Lage hat noch mehr Vorzüge: Jeder Besucher, und das waren nicht wenige, findet irgendwo inmitten der botanischen Pracht ein ruhiges Plätzchen zum Ausruhen und Genießen. Nach nur wenigen Minuten waren wir uns sicher, daß wir an diesen wunderbaren Ort unbedingt zurückkehren müssen. Natürlich ist der Botanische Garten berühmt für seine Pflanzen, besonders die Proteen, die in den höheren Lagen des Gartens wachsen. Aber die Fauna ist nicht minder beeindruckend. So laufen Perlhühner und Hagedasch-Ibisse durch die Vegetation. Eine besondere Entdeckung war eine Tafelbergschabe. Ein weibliches Exemplar dieser großen orange-braunen Schabenart saß neben einem Blumenbeet. Gegen unseren Versuch, sie zu berühren, wehrte sie sich, indem sie uns immer wieder ihre gepanzerte Körperoberseite zudrehte und dabei Quietschgeräusche von sich gab. Diese Schabe gibt es nur am und rund ums Kap und wir entnahmen erstaunt unserem Insektenbuch, daß sie lebendgebärend sei. Ähnlich skurril erschien uns der Proteakäfer (Trichostetha fascicularis). Lange Zeit dachten wir, es wäre ein kleiner Vogel, der da sehr laut summend blitzschnell und doch scheinbar ziellos herumflog. Wie sehr wir uns bemühten, wir sahen ihn jedoch nicht. Schließlich fanden wir heraus, daß es der Käfer war, der rastlos von Nektarquelle zu Nektarquelle eilte und sich dann kopfüber in die Proteenblüten stürzt.
Und als ob wir an diesem Tag noch nicht genug unternommen hätten, wollten wir auch noch auf den Tafelberg hinauf. Wir fuhren zur Seilbahnstation auf der anderen Seite des Berges, erkannten jedoch bald, daß der Andrang viel zu groß war, als daß wir innerhalb der nächsten Stunden hinaufgelangen könnten, genossen trotzdem einen schönen Ausblick auf Kapstadt bis hinüber zu Robben Island und kehrten in der Abenddämmerung nach Simonīs Town zurück.
Am nächsten Morgen stand eine Meeresvogelbeobachtungstour auf dem Plan, die uns auf einem kleinen Schiff bis 45 Kilometer vor die Küste des Kaps der Guten Hoffnung führen sollte. Ringo hatte diesen Trip von Deutschland schon viele Monate im Voraus gebucht, um die Möglichkeit zu haben, Albatrosse und Raubmöwen zu sehen. An Land sieht man diese Vögel nicht, weil sie fast ihr komplettes Leben fliegend über dem Meer verbringen. Wegen des Seegangs hatte der Veranstalter die Reise um einen Tag verschoben. Für uns ein Grund mehr, uns gegen die Seekrankheit zu schützen. In der False Bay war das Wasser auch noch verhältnismäßig ruhig, aber einmal um Cape Point herum wurden die Wellen immer höher, und es war schwierig, den Horizont im Auge zu behalten. Schon bald entdeckte unser Guide die ersten Meeresvögel, doch es war schwierig, sie mit dem Fernglas zu verfolgen. Ringo sah einen Minkwal, und nach einiger Fahrtzeit trafen wir auf einen Fischtrawler, was das eigentliche Ziel der Reise war. Trawler ziehen Möwen, Sturvögel und Albatrosse an, und es gibt immer etwas zu beobachten. Nach vielen Stunden und ohne Seekrankheit kehrten wir in den Hafen zurück. Es war bereits Nachmittag und wir verließen Simonīs Town und Kapstadt in Richtung Nordwesten nach Langebaan am Westküsten-Nationalpark.