Südafrika 2007 - Zurück im Land der Träume

Über sechs Jahre nicht in Südafrika gewesen zu sein, erwies sich rückblickend als unnötige Selbstfolter. Schon direkt nach unserer Ankunft am kleinen Flughafen von Nelspruit überkam uns das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein, auch wenn keiner von uns jemals zuvor den Nordosten des Landes in der Nähe des Krüger-Nationalparks besucht hatte. Aber es war Südafrika.
Schnell wurde aber auch klar, daß selbst ein Urlaub von dreieinhalb Wochen etwas anderes ist als ein sechsmonatiger Aufenthalt wegen eines Praktikums, wie Ringo ihn 2000/2001 erlebte. Das Land schien sich äußerlich wenig verändert zu haben. Nur die Townships, die zu jedem kleineren oder größeren Ort gehören, schienen besser auszusehen als in der Erinnerung. In den letzten Jahren mußten sehr, sehr viele sogenannte Government Houses gebaut worden sein, kleine, aber solide Unterkünfte, die in Reih und Glied die Landschaft bedeckten.
Doch hatte sich wirklich so wenig verändert? Anders war zumindest die Perspektive. Als Reisende mit meistens engem Zeitplan, der dem Ziel geschuldet war, soviel wie möglich sehen zu wollen, gab es wenig Gelegenheit, hinter die Fassade zu blicken und mehr als oberflächliche Gespräche zu führen. Das war ungewohnt, weil ein deutlicher Unterschied zum ersten Besuch, aber wir mußten akzeptieren, von Bewohnern zu Touristen geworden zu sein. Die Bedeutung der jüngeren, noch immer mühevollen Geschichte, der Alltag der Menschen trat hinter den Naturschönheiten und -erlebnissen zurück. Da tat es gut, in Lady Grey, am Rande der ehemaligen Transkei und des heutigen Ostkap, Ringos alten Vermieter John Bradish zu treffen und im Gespräch mit ihm zu erfahren, wieviel sich doch an diesem kleinen Ort, der äußerlich noch derselbe zu sein schien, verändert hatte. Wie wirtschaftliche Entwicklung und Niedergang sich ablösten, wie die Bewohner den Ort verließen, um woanders ihr Glück zu finden und gleichzeitig genügend Menschen zuzogen, um die knappen Wasservorräte so weit aufzubrauchen, daß der lokale Staudamm völlig leergepumpt worden war.
Dreieinhalb Wochen Südafrika, das waren für uns so viele Eindrücke, daß wir gelegentlich einfach nicht mehr aufnahmefähig waren für neue Erlebnisse und dennoch tapfer weiterfuhren. Hatten wir gehofft, die großen Südkaper oder vielleicht sogar Buckelwale zu sehen, so hatten wir dieses Glück sogar mehrfach, manchmal völlig unerwartet. Und wie die Wale uns unterhielten mit Sprüngen, Flossenklatschen und Rückenschwimmen! Daß wir daneben Löwen, Leoparden, Elefanten beobachten konnten, verblaßt dagegen schon fast in der Erinnerung. Während der ganzen Reise sahen wir weitaus mehr Vogelarten als in unserem ganzen Leben in Deutschland. Es gab also viel zu entdecken, und oft waren es die kleinen Schutzgebiete, wie Spioenkop bei Ladysmith im nördlichen KwaZulu/Natal oder der Mountain Zebra National Park in der einsamen Landschaft der Karoo, die den tiefsten Eindruck hinterließen.
Der Krüger-Nationalpark war jedoch eine eigene Welt. Sobald wir das Numbi-Tor passiert hatten, zwang uns der Park seinen Rhythmus auf, der vorgegeben wurde durch die Öffnungszeiten der Tore zu den Rest Camps: 04.30 bis 18.30, in diesem Zeitfenster spielte sich unser Tag ab, und wir kannten nichts mehr als die Fahrten durch den Busch, immer Ausschau haltend nach neuen Beobachtungen, Fernglas und Fotoapparat stets bereit. Eine Woche lang zählte die Welt außerhalb für uns nicht mehr. Daß wir in der Regel das Auto nicht verlassen durften, war der Preis dafür, sich in dieser so natürlichen Landschaft aufhalten zu dürfen. Als wir schließlich nach einer Woche unseren letzten Elefanten und den letzten Impala-Trupp gesehen hatten, war das Verlassen des Parks ein Kulturschock. Weiden, Felder, Siedlungen, wo wir gewohnt waren, Wildnis um uns herum zu sehen.
Aber die Landschaften wechselten beständig: lieblich und einladend am Kap; wild und tosend an den Ozeanen; karg in der Karoo und schroff, aber grün in den Drakensbergen. Was sich nicht änderte, war das Gefühl der Besorgnis und Anspannung: Zu viele schlechte Nachrichten hatte Südafrika produziert von Raubüberfällen und Morden. Daß darunter vor allem Einheimische leiden und insbesondere die weniger privilegierten, ließ den Gesamteindruck unverändert.
Ein realeres Problem für uns waren die vielen Sperrungen, die die unterschiedlichsten Ursachen hatten. Der nicht benutzbare Pool in Pretoriuskop ließ sich verschmerzen; der überflutete Rundweg im Golden-Gate-Nationalpark war dem Wetter geschuldet; aber der große Umweg auf dem Weg von Bontebok nach De Hoop, weil eine Brücke gesperrt war, war ärgerlich. Dasselbe galt für gesperrte Wanderwege in Tsitsikamma und Wilderness.