Lunenburg 28. Juni bis 2. Juli 2010
Auch wenn es oft schon deutlich weiter ging: ein siebenstündiger Flug mit Kleinkind ist lang, insbesondere wenn der Flieger erst mit vierstündiger Verspätung abhebt und damit alle ausgeklügelten Schlafstrategien durchkreuzt. Erwin schlief erst eine Stunde vor dem Abflug völlig übermüdet ein.
Als dann der Buggy beim Einstieg in das Flugzeug abgegeben werden mußte, war es auch mit dem Schlaf wieder vorbei, und es sollte bis eine Stunde vor der Landung dauern, bis der kleine Mann auch im Flieger schlief. Ein müdes, aber nicht schlafendes Kind in einem engen Flugzeug kann sehr anstrengend sein. Schließlich sanken wir durch dicke Regenwolken der Landebahn von Halifax entgegen, die Umgegend wurde erst kurz vor dem Aufsetzen sichtbar. Wie schön, in einem total verregneten, kalten Land angekommen zu sein…
Nach Einreise und Einstieg ins cremefarbene Mietauto begann dann aber doch der entspannte Teil. Das Fahren auf den kanadischen Straßen war zunächst mal aufgrund der wenigen Fahrzeuge und dann natürlich wegen der sinnvollen Geschwindigkeitsbegrenzung sehr nervenschonend.
Lunenburg ist ca. 1,5 Stunden vom Flughafen Halifax entfernt. Untergekommen sind wir im Atlantic View Motel, das der Altstadt gegenüber auf der anderen Seite der Bucht liegt. So sollte Urlaub aussehen. Ein schweizerisches Ehepaar vermietet hier kleine Hütten und ein paar Motelzimmer. Ein Kolibri umschwirrte die Blumen in einer Hängeampel vor unserer Tür. Auf der großen Wiese, um die die Hütten im Halbkreis gruppiert sind, suchten Wanderdrosseln nach Würmern. Hinter den Häuschen gab es zwei Teiche, romantisch mit Seerosen bewachsen und auf der anderen Seite der kaum befahrenen Straße dann das Meer. Der Strand bestand aus grobem Geröll, Muscheln gab es keine, dafür hielten sich aber jede Menge Möwen und auch Fischadler hier auf, einmal trottete sogar ein Fuchs mit Hasenbeute im Maul am Strand entlang. In einem angrenzenden Teich schwammen Enten und ein ziemlich großer Bisam.
Noch schöner wäre es gewesen, wenn man die Landschaft auch in mehr als 50 Metern Entfernung noch gesehen hätte. Aber an den ersten beiden Tagen war da nur Nebel.
Und über allem das regelmäßig tutende Nebelhorn. Der wunderschönen Stadt Lunenburg bekam die Sonne, die sich nach zwei Tagen endlich zeigte, auch sehr viel besser als der Nebel. All die bunten Holzhäuser entfalteten erst dann im Sonnenschein ihre Pracht. Mit Rasenmähergeschwadern und Laubbläsertrupps wurde die Stadt herausgeputzt für den anstehenden Nationalfeiertag.
Von Lunenburg etwas weiter nach Osten führte der Weg nach Blue Rocks, einem kleinen Fischerörtchen, sehr ruhig gelegen und doch absolut sehenswert, da an felsiger tangbewachsener Küste gelegen. An den am Wasser stehenden Häusern stapelten sich die Hummerfangkörbe, die man im übrigen auch gleich am Straßenrand kaufen kann. Als Urlaubsmitbringsel war uns das allerdings etwas zu sperrig.
Auf dem Rückweg nach Lunenburg gönnten wir uns dann noch einen Abstecher zur Nachbarinsel Heckman's Island. Generell ist Nova Scotia mit siebzehn Einwohnern, die sich einen Quadratkilometer teilen, ja nicht nennenswert dicht bewohnt. Die Menschen verteilen sich aber wirklich sehr breit über das Land, zumindest entlang aller Straßen. Heckman's Island war da anders: Kaum bewohnt, hatten wir hier schon mal richtig das Gefühl, im wilden Kanada zu sein, doch bis ans Ende der Straße tauchen auch hier immer wieder Häuser auf.
Irgendwie hatten wir uns dann noch zur Fischfabrik verfahren. Sie ist vor allem groß und dank der exponierten Lage bereits von weitem nicht zu übersehen, allerdings nicht eben ansehnlich, jedoch hat etwas beeindruckt: Den nachhausefahrenden Arbeitern wünscht die Fabrik auf einem Schild eine gute Heimfahrt und dankt für die gute Arbeit.
Noch in Reichweite um Lunenburg liegen mehrere schöne Strände, so z.B. Risser's Beach, ein Bretterpfad führt hier zunächst durch eine Salzmarsch, und am Sandstrand ging es dann weiter. Hier fanden wir einen halben Sanddollar, einen flachen runden Seeigel. Wir hätten ihm viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt, hätten wir gewußt, daß dies der einzige des ganzen Urlaubs blieb. Doch weder an Hirtle's Beach, wo Erwin sich mit einem dreijährigen Mädchen anfreundete, nur um an ihr Sandspielzeug zu kommen, noch am Sanddollar Beach, wo wir in Gezeitenpools entspannt durchs Wasser wateten und nach lebenden Muscheln suchten, konnten wir wieder so ein Ding entdecken.
Ebenfalls nicht weit entfernt ist Oven's Natural Park, der Nachkommen ehemaliger Goldschürfer gehört. Entlang eines Klippenwanderwegs können die Besucher in die Höhlen der Goldminen schauen. Das wird allerdings sehr erschwert durch Kleinkinder, die kein Interesse am Vorankommen, dafür aber auch nicht die geringste Angst vor einer steil abfallenden Küste haben.
Seafood gab es dann gar nicht stilecht in einem Familienrestaurant mit Ausblick auf den Lunenburger Hafen.
Wie gefiel das ganze dem kleinen Erwin? Das Highlight war wohl nicht die seltene Nelsonammer im Risser's Beach Provincial Park, die es dem Papa angetan hatte, wohl eher der Hund der Betreiber unserer kleinen Feriensiedlung.