Laufen lernen am schönsten Ende Europas
Andalusien 8. bis 22. April 2012

Dreimal haben wir Andalusien schon besucht, aber noch nie mit kleinen Leuten. Mit vierzehn Monaten ist Heinemann nun endlich alt genug, um die Welt zu erkunden. Erwin ist mit dreieinhalb sowieso schon ein erfahrener Weltreisender. Diesmal geht es mit dem Flieger nicht nach Málaga, sondern nach Jérez de la Frontera. Einmal in der Woche gibt es einen Direktflug dorthin aus Köln. Der geht früh am Sonntagmorgen, und so heißt es: ganz früh aufstehen am Ostersonntag. Zum Glück klappt alles wie geplant. Sogar die knapp drei Stunden im Flugzeug vergehen ohne schlimmes Weinen. Dann sind wir endlich dem furchtbar kalten Osterwetter in Deutschland entronnen und in der spanischen Sonne gelandet. Erwinmann rennt glücklich mit einer neugewonnenen Freundin über das Gepäckband. Die großen Leute nehmen ihren luziferroten Citroen C4 Picasso in Empfang. Dann geht es los. Unsere erste Station heißt Bolonia.

Am Strand der halbwilden Kühe - Bolonia, 8.-11. April 2012

Bolonia ist ein abgelegenes Dorf in den Bergen, das glücklicherweise direkt am Meer liegt. Freunde der spanischen Küsten werden wir nicht werden, dafür sind sie zu verbaut. Eine der wenigen Ausnahmen: Bolonia. Das kleine Dorf in der Nähe von Tarifa ist nur durch eine Paßstraße zu erreichen, die im Ort endet. Auf der Landseite ist der Ort von niedrigen Bergen umgeben, die immerhin hoch genug sind, um Gänsegeiern Heimat zu sein. Fast immer sehen wir einen oder mehrere der großen Vögel in der Luft. Die Sonne scheint, und es ist warm. Die Grillen zirpen.
Kühe am Strand von BoloniaUnser Quartier ist die Herberge der fliegenden Ameise - Hormiga Voladora. Von unserer Terrasse aus können wir das Meer sehen und die große Düne. Ein kurzer Weg durch ein, zwei Gassen führt uns direkt bis an den Strand. So ist schnell ein Lieblingsplatz der kleinen Leute gefunden. Eine willkommene Gelegenheit, im Priel die Klamotten richtig durchzuweichen.
Aber Bolonia hat noch mehr zu bieten. Zum Beispiel die Ruinen der alten Römerstadt Baelo Claudia. So richtig viel musealisch aufbereitete Kultur gibt es ja im ländlichen Andalusien nicht zu erleben. Baelo Claudia ist eine der Ausnahmen, entsprechend viele Reisegruppen und vor allem Schulklassen werden auch dadurch geschleust. An unserem Ankunftstag war das Gelände bereits geschlossen. Später hat es doch noch mit einem Besuch geklappt. Die alten Gebäude sind teilweise wieder sichtbar gemacht. Es stehen sogar einige Mauern, und man mag sich kaum vorstellen, wie das Leben an so einem abgelegenen Fischerort, damals immerhin um einiges bevölkerter als heute, vor 2000 Jahren ausgesehen haben mag. Schließlich befand sich Baelo Claudia aus römischer Sicht schon jenseits der Säulen des Herkules, die angeblich das Ende der bekannten Welt markierten. Aus Kindersicht das beste am Freilichtmuseum: die Wege sind alle gekiest, und der Kies läßt sich wunderbar überallhin transportieren. Das aus Elternsicht beste: In einem Gang am Rande des Amphitheaters finden wir Steinkauzgewölle. Nur der Steinkauz ist nicht zu entdecken. Den entdecken wir erst am Abend, als er dem Eingangstor gegenüber jagt. Da die Kinderchen da schon schlafen, läßt er sich von uns nur in Etappen beobachten. Einer muß ja schließlich den Schlaf der Kleinen in der Fliegenden Ameise überwachen.
Jenseits des Museums gibt es noch einen Wanderweg, der durch die Küstenlandschaft zu einem Leuchtturm führt. Wir sind ganz schlecht auf die Wanderung vorbereitet. Statt der Trage, die wir extra für den Urlaub gekauft haben, transportieren wir Hein im nicht geländegängigen Kinderwagen, der irgendwann am Wegrand stehenbleiben muß. Eine Ziegenherde samt -hirten kreuzt unseren Weg. Erwin läuft tapfer ein großes Stück des Weges und hadert mit dem unebenen Boden. Alles ist schön.
Am Abend genießen wir von unserer Terrasse aus den rotesten Sonnenuntergang, den man sich vorstellen kann und lauschen den Wellen. Die marokkanischen Berge sehen wir so klar und nah, daß es unglaublich anmutet. Fast könnten wir rüberschwimmen.
So schön es in und um Bolonia ist, einmal zieht es uns doch in die Ferne. Gibraltar ist eine Autostunde entfernt. Wir waren zwar schon zweimal da, aber die Kinder haben noch nicht die Affen im Felsen sehen können. Erwin will zwar lieber in den Zoo, kommt dann aber trotzdem mit. Gottseidank ist die Anreise unsere einzige Berührung mit der zugebauten Küstenlandschaft während unseres Urlaubs.
Eintritt nach GibraltarGibraltar präsentiert sich uns wie eh und je: Parken im benachbarten La Línea de la Concepción, Einreise über das Rollfeld des Flughafens ins britische Gebiet, Fußmarsch durch die Stadt und die Fußgängerzone bis zur Seilbahn. Dank des tollen Wetters müssen wir diesmal nicht fürchten, daß die Seilbahn wegen des Windes ihren Betrieb einstellt. In einer vollgepfropften Kabine fahren wir nach oben und genießen die Aussicht über die Straße von Gibraltar. Die Berberaffen haben nur auf uns gewartet. Wir ahnen ja gar nicht, wie viele Lebensmittel wir in unserem Kinderwagen transportieren. Aber die Affen finden alles, belagern uns und greifen auch mal zu. Oben gibt es jedoch nicht nur die Affen zu sehen, sondern ein komplettes Naturschutzgebiet. Sonst sind wir immer hinunter gelaufen, aber diesmal ist es zu heiß, die Kinder zu müde, die Eltern zu genervt. So geht es bald wieder hinab. Unten dann genießen wir unseren billigsten Restaurantbesuch aller Zeiten im nicht eben günstigen Gibraltar. Nachdem wir eine ganze lange Weile sitzen, alle Postkarten mit einem vom Tresen geborgten Stift geschrieben haben und immer noch nicht bedient worden sind, brechen wir wieder auf.
Zurück in der Unterkunft übt sich Heinrich erstmals im freihändigen Stehen. Nach drei Übernachtungen, einigen Strandbesuchen und noch ein paar Vögelbeobachtungstouren reisen wir ab. Unsere nächste Station: Benamahoma.

Ferien an Spaniens nassestem Ort - Benamahoma, 11.-15. April

Unser Weg führte uns von Bolonia durch die Berge von Ojén, den südlichen Teil des Naturparks Los Alcornocales, benannt nach den landschaftsprägenden Korkeichenwäldern. Das war nicht die schnellste Verbindung nach Norden, aber die wohl schönste. Nach einigen Kilometern endete die Asphaltstraße, dann hieß es für eine ganze Strecke: Piste fahren mit vielen tiefen Schlaglöchern. Inzwischen regnete es. So blieb der Plan, den einen oder anderen Wanderweg zu laufen, unausgeführt. Wir beließen es bei einem kurzen Stopp an einem Teich, als schon die Sonne wieder herauskam und beobachteten Iberische Frösche.
Unser nächstes Ziel: das Besucherzentrum des Naturparks Los Alcornocales in der Nähe der Stadt Alcalá de los Gazules. Dazu gehörte ein Botanischer Garten, in dem wir ein wenig Pause machen konnten, während Erwin noch im Auto schlief. Allerdings neigt Spanien bei aller Armut an Kindern dazu, die Kinder, die es gibt, an strategischen Punkten zusammenzuziehen, wo sie dann lärmend und schreiend durch den Botanischen Garten laufen. Eine Nachtigall sang unverdrossen gegen den Lärm an.
Einen ruhigen Ort zum Mittagessen fanden wir dann ganz woanders: inmitten der Stadt Alcalá. Das ist auch eines der Weißen Dörfer, die diesen Teil Andalusiens prägen. Was uns dorthin zog, war die Rötelfalkenkolonie in der Nähe der Kirche. Die Kirche war das höchste Gebäude oben auf dem Hügel, um den die Stadt herum gebaut war und als solches leicht zu finden - wenn da nur nicht die engen Straßen wären. Wir fanden schließlich einen Parkplatz und ein Restaurant, in dem man uns leckere Tapas zusammenstellte. Inzwischen brannte die Sonne. Tourismus schien in Alcalá nicht stattzufinden, aber es war schön, einfach das Leben zu beobachten. Die Pause machenden Männer, die mit Hein scherzten, die Gemüseladenfrau, die schon 10 Minuten vor der Siestazeit zusperrte oder den alten Mann, der ihr vorher über den Platz hinweg Komplimente zugerufen hatte.
Brunnen in El BosqueSchließlich ging es weiter. Dummerweise vertrauten wir beim Weg aus der Stadt auf das Navi, das uns zielsicher in die engsten Gassen und Spitzkehren schleuste - haarsträubende Passagen. Irgendwann ging es nur weiter, indem wir die Autospiegel einklappten. Sonst hätte der Platz nicht gereicht. Während all dem plapperte auf der Rückbank Erwin unbekümmert weiter und stellte seine "Warum?"-Fragen über Gott und die Welt. Dank Dianas Fahrkünsten kamen wir doch noch heil auf die richtige Straße.
Unsere neue Unterkunft in Benamahoma war etwas größer mit zwei Schlafzimmern und typisch spanisch unzweckmäßig, aber nett. Vom Balkon konnten wir wieder den Sonnenuntergang beobachten hinter den Bergen. Benamahoma ist auch kein sehr touristischer Ort. Inmitten der uns beim dritten Besuch schon etwas vertrauten Sierra de Grazalema gelegen, hatten wir bislang immer den Nachbarort El Bosque zum Übernachten ausgewählt.
Die winzige Stierkampfarena fungierte gleichzeitig als Parkplatz. Den Mittelpunkt des Ortes bildete die Quelle. Unsere Kinder zog es sowieso immer dorthin. Zu verlockend das viele Wasser. Aber auch die Dorfbewohner kamen immer wieder dorthin. Mit Wagenladungen leerer Wasserflaschen kamen sie dort an und füllten geduldig jede einzelne, bis es wieder weiterging. Die Mühle des Ortes war zum Museum ausgebaut, das aber leider niemals geöffnet zu sein schien. Am Ortsrand begann ein Wanderweg, der in die Sierra führte, doch leider: nur mit vorher beantragter Genehmigung. Dafür gab es noch einen anderen Weg, den wir von früher noch kannten. Er führte immer am Fluß entlang von Benamahoma nach El Bosque, eine Strecke etwa 5 Kilometer. Den hatten wir uns ausgekuckt. Beim letzten Mal waren wir allerdings zu zweit. Doch auch zu viert klappte es unerwartet gut. Hein blieb die meiste Zeit in seiner Kindertrage und schlief sogar auf Hin- und Rückweg einige Zeit. Erwin lief tapfer mit und mußte nur abschnittsweise mal getragen werden. Auf dem Hinweg ging es flußabwärts, und zusätzlich lockte die Aussicht auf ein Mittagessen mit Pommes in El Bosque. Der Weg führte uns über Stock und Stein, was mitunter mit der Kindertrage auf dem Rücken gar nicht so einfach war. In El Bosque besuchten wir unsere alte Herberge, von der wir wußten, daß man da auch lecker Tapas essen kann. Schwierig beim Tapas-Essen war für uns immer, einzuschätzen, wie groß die Portionen sein würden. Waren sie größer als erwartet, hatten wir ganz schön zu tun, da wir dann zu viele einzelne Speisen geordert hatten, um alles zu schaffen. Waren sie kleiner als erwartet, konnte das das Essen mit der ganzen Nachbestellerei ziemlich in die Länge ziehen. El Bosque gehörte in die erstere Kategorie. Entsprechend schwer fiel uns der Aufbruch, zumal es auf dem Rückweg flußaufwärts ging. Den Weg kannten wir dann zwar schon sehr gut, genossen aber gern noch einmal die Ausblicke auf die Sierra. Die Aussicht auf ein Eis in Benamahoma steigerte die Motivation zusätzlich. Neun Stunden später waren wir tatsächlich wieder dort angekommen, wenn auch ziemlich erledigt vom Bergauflaufen. Es ist so toll, daß die Kinder Landschaft und Natur entdecken können, von der es zu Hause fast nix mehr gibt. Erwin meinte zum Ausflug: Können wir das noch mal machen?
Zahara de la SierraDie Sierra hat natürlich noch mehr schöne weiße Dörfer zu bieten. Eines davon Zahara de la Sierra. Der Weg dorthin führt über einen Paß mit tollen Ausblicken und interessanten Gebirgsvögeln. Allerdings blies ganz oben der Wind so elendig kalt, daß wir den 30 Meter langen Anmarsch zum Aussichtspunkt abbrachen, um nicht zu erfrieren. Gottseidank war es in Zahara dann um einiges freundlicher. Hauptattraktion des Ortes aus unserer Sicht ist das große Castillo. Vom Ort aus führt ein steiler Weg dorthin, mit Hein in der Kindertrage aber auch diesmal kein Problem. Oben gab es mal wieder Rötelfalken. Die ganze Anlage sieht, auch aus der Entfernung, ganz eindrucksvoll aus. Unser Tipp: Picknick einpacken. Bei uns gab es leider nur die obligatorischen Bananen und Zwieback. Den eigentlichen Turm kann man betreten. Es war allerdings sehr gut, eine Taschenlampe dabeizuhaben, da ein Stück Treppe durchs völlig Finstere führte.
Und dann gibt es da noch Ronda, das vielgepriesene, weithin bekannte Ronda. Durch seine Lage an einer tiefen Schlucht sehr eindrucksvoll gelegen. Viele historische Gebäude, von denen es auch in anderen Dörfern eine Menge gibt, sind hier museal aufbereitet und laden zum Besuch ein. Ronda ist jedoch auch gut von der Costa del Sol zu erreichen. Die Heerscharen von Urlaubern bilden einen großen Kontrast zu den anderen weißen Dörfern. Aber dennoch: Es gibt so viel zu entdecken: die beiden von der Schlucht getrennten Stadthälften, die alten Gebäude, die Brücken, noch mehr Rötelfalken. Vielleicht ist es doch eine gute Idee, in Ronda zu übernachten, tagsüber Ausflüge ins Umland zu machen und abends die Abwesenheit der Tagesausflügler, zu denen wir ja auch gehörten, zu genießen. Ob es den Kindern gefallen hat? Die Aussicht war den beiden wohl relativ egal, da war der viele Sand in der Stierkampfarena schon um einiges attraktiver.
Auf dem Rückweg wartete noch eine große Überraschung auf uns: Iberische Steinböcke standen direkt an der Straße und posierten. Daß es sie hier gab, wußten wir, daß sie so weit runterstiegen, überraschte uns, da uns die Gipfelwege mit den beiden kleinen Leuten dann doch nicht erreichbar waren.
Schließlich kam unser letzter Tag in den Bergen. Der Wetterbericht drohte uns 10 Grad und Regen an. Er behielt recht. Hätten wir die ganze Tour nicht schon im voraus gebucht, wären wir abgereist, raus aus der regenreichsten Ecke Spaniens. So blieb uns nur: Am Fenster sitzen, den Regen betrachten, den tiefhängenden Wolken zukucken. Die kleinen Leute machen sich sowieso ihr Unterhaltungsprogramm. Da ist das Wetter egal. Die großen Leute hatten für den letzten Tag eine Wanderung zum Salto del Cabrero geplant, eine wunderschöne Bergtour, die wir beim letzten Mal gelaufen waren und die unsere Hauptmotivation bildete, uns eine Kindertrage anzuschaffen. Die Tour fiel leider ins Wasser. Schließlich entschieden wir uns, eine Runde mit dem Auto zu fahren, aber selbst das war grenzwertig - im ergiebigen Regen bei schlechter Sicht durch die Berge. Wir kamen an einigen Orten vorbei, die wir bei frühren Besuchen und besserem Wetter schon erwandert hatten. Doch die Sturzbäche verhinderten selbst kurze Ausflüge. Als wir am Salto del Cabrero vorbeifuhren, eigentlich ein sehr markanter Felsen, sahen wir: nichts. Nur grau. Trotz des Regens besuchten wir noch den Ort Grazalema und retteten uns in ein Restaurant, um wieder leckere Tapas zu bestellen, um dann im Anschluß auf und unter dem Tisch die gewohnte, kinderverursachte Verwüstung zu hinterlassen. Das spannendste aus Erwins Sicht im ganzen Restaurant: ein wild blinkender Spielautomat. Zum Glück wird er das Geblinke hoffentlich nicht mehr interessant finden, wenn er alt genug ist, solche Geräte zu bedienen. Eine Regenpause am Nachmittag (oder besser: die Zeit, als der Regen etwas nachließ) nutzten wir für einen Abschiedsbesuch an der Dorfquelle. Dann war auch unsere Zeit in den Bergen schon wieder um.Weißstorchnest

Unser Haus im Zoo - Caņada do los Pájaros, 15.-17. April

Caņada do los Pájaros - das ist ein kleiner Zoo südlich von Sevilla bei El Pueblo del Río oder anders gesagt: am Nordrand des Doņana-Nationalparks. Dort hat die bewunderswert tatkräftige Maribel mit ihren Mitstreitern aus einer Kiesgrube und Müllkippe ein Heim für ganz viele Wasservögel geschaffen, viele von ihnen sollte es auch im Doņana-Nationalparks geben, aber nur hier lassen sie sich so aus der Nähe beobachten. Zum Zoo gehört auch ein Ferienhaus, direkt neben Maribels Haus. Auf dem Dach nisteten mindestens sieben Storchenpaare. Im Pinienwald nebenan waren es noch einmal ein paar Dutzend. Unglaublich. Die Bewohner auf unserem Dach allein sind zahlreicher als die weiß-schwarze Einwohnerschaft manches deutschen Storchendorfes. Ständig flogen Vögel über unsere Köpfe. Noch zahlreicher waren die Schwarzmilane. Es müssen mehr als hundert Vögel gewesen sein.
Das Ferienhaus bot uns richtig viel Platz und war sehr liebevoll eingerichtet mit Kinderspielen, frischen Hühnereiern und duftenden Kräutern. Letztere waren auch nötig, da das Haus im Laufe der Zeit einen überdeutlichen Räuchergeruch angenommen hatte vom Holzofen, der uns auch nach der Abreise noch eine Weile verfolgte. Dabei machte das Raucharoma die Unterkunft noch spezieller und liebenswerter. Nicht zu vergessen unsere weiteren tierischen Nachbarn: zwei Hunde wachten vor der Eingangstür. Im Hof turnten zwei Zistensänger im Käfig. Europäische Sumpfschildkröten lebten in einer Badewanne. Kammbleßhuhnküken piepsten vor sich hin. Und ein Ara kam immer wieder zu Besuch. Maribel züchtet die Kammbleßhühner und setzt sie aus. Die Vögel sind so selten, daß wir sie bei insgesamt vier Besuchen im Doņana-Park noch nie wild beobachten konnten.
Ein häufiger Weg von uns führte direkt durch den benachbarten Zoo zum Restaurant am Eingang. Leider gelang es uns aus verschiedenen Gründen nie, dort etwas zu essen, was mit unserer immer noch unvollständigen Kenntnis der spanischen Essenszeiten zu tun hatte. Dennoch war es ein interessanter Weg vorbei an den vielen freifliegenden Vögeln und den Volieren. Da wir auch kaum Vorräte mitgebracht hatten und die Supermärkte geschlossen hatten, mußten wir am Ankunftstag leider etwas darben.
Am nächsten Tag sollte es dann nach Sevilla gehen. Das war der eigentliche Grund für uns, bei Maribel zu übernachten. Wir wollten endlich einmal die Stadt, an der wir schon oft vorbeigefahren waren, besuchen, allerdings ohne dort gleich mit Kindern zu übernachten. Der Weg von Maribel bis nach Sevilla ist nicht allzuweit. Das größere Problem bestand für uns darin, einen Platz zum Parken zu finden. Erst versuchten wir es außerhalb des Innenstadtringes - nichts zu machen. Wie so oft, wenn etwas umsonst ist, war es auch diesmal einfach nicht verfügbar, weil andere schneller waren. Dann versuchten wir es innerhalb des Innenstadtringes, was ein Fehler war. Der Weg führte durch winzige Straßen, die eigentlich höchstens für Anlieferungen freigegeben waren. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir wieder einen Ausgang fanden. Schließlich fanden wir endlich noch ein Parkhaus und konnten endlich die Stadt erkunden.
Was sollen wir sagen? Rückblickend ist es schwer, anzugeben, warum wir bislang immer an der Stadt vorbeigefahren sind. Zugegeben, von der Autobahn aus betrachtet wirkt das alles nicht sehr einladend, aber zu Fuß in der Innenstadt - das war etwas ganz anderes. So viel zu sehen. An der Stierkampfarena liefen wir diesmal vorbei und entschieden uns für einen Besuch in den Reales Alcázares de Sevilla. Das ist der auf die Mauren zurückgehende mittelalterliche Königspalast der Stadt. Da gab es ganz viele tolle Räumlichkeiten zu sehen, aber das war alles egal. Sevilla mit La GiraldaDie kleinen Leute hatten andere Prioritäten: Wasser. Überall gab es Springbrunnen, Bassins und kleine Teiche. An keinem von ihnen konnten die kleinen Herrschaften vorbeigehen, ohne sie mindestens ausführlich zu bewundern, viel besser noch: sich mindestens die Hände naßzumachen. Immerhin gab das den großen Leuten auch Zeit, sich ein bißchen die Gärten anzukucken, die zum Palast gehörten. Vom Lärm und der Hektik in der Stadt war dort nicht viel zu spüren. Die vielen Besucher verirrten sich auch kaum in die entlegeneren Ecken. Die Gärten sind wirklich ein Highlight, wenn man Sevilla besucht. Ein anderes Highlight ist die Kathedrale mit der Giralda, dem Glockenturm. Leider ist sie so beliebt, daß wir es unmöglich riskieren konnten, uns mit kleinen Leuten in die endlose Schlange am Einlaß einzureihen. Trotzdem gab es noch viel zu entdecken: ruhige Gassen, grandiose Straßenmusikanten, verwinkelte Ecken. Zukünftige Andalusien-Urlaube sind nun noch schwieriger für uns geworden, da sich ein weiteres Ziel in die Liste der Orte einreiht, die wir auf keinen Fall auslassen dürfen.
Am nächsten Morgen hieß es dann: Abschied von Maribel. Zum Schluß bot sie uns noch einmal ein Highlight. Erwinmann durfte mit dem Papa mitkommen, um die Brutkästen in Augenschein zu nehmen. Da gab es winzigkleine Kammbleßhuhnkücken, und Maribel angelte eigenhändig ein Rauchschwalbenjunges aus dem dort gebauten Nest, das Erwin in der Hand halten durfte. Das war so ein tolles Erlebnis, daß er solange aufgeregt der Mama davon berichtete, bis Maribel ihm noch einmal den Brutkasten zeigte - diesmal mit der Mama. Schließlich führten die Kraniche für uns noch ihren Hochzeitstanz auf, dann machten wir uns auf den Weg. Wir wünschen Maribel alles Gute für die Zukunft und hoffen sehr, daß der krisenbedingte Rückgang der Besucherzahlen sie nicht in tiefere wirtschaftliche Bedrängnis bringen wird.
Überhaupt nicht weit von der Caņada do los Pájaros entfernt ist ein Gebiet namens Dehesa de Abajo. Das war unser Ziel für den Vormittag. Es handelt sich um einen recht großen See mit sehr viel offener Landschaft drum herum. Die Laufstrecke erwies als ein bißchen groß für die kleinen Leute, trotzdem verbrachten wir dort einige Zeit mit Fotografieren und Vögelkucken, während die Kinder spielen konnten. Am Parkplatz befand sich ein Gebäude. War es ein Informationszentrum? Wir konnten es nicht herausfinden, denn kein Weg führte hinein. Was wir leider erst später herausfanden: Das besondere in Dehesa de Abajo war in diesem Jahr, daß im See Wasser war. Weiter südlich im Doņana-Nationalpark gab es deutlich weniger Wasser. Deshalb ließen sich viele besondere Vögel im Gebiet dort am leichtesten beobachten. Nur, wie gesagt, wußten wir das nicht und waren entsprechend wenig aufmerksam. Statt dessen fuhren wir nach einer Weile weiter nach El Rocío.

Der größte Sandkasten des Landes - El Rocío, 17.-21. April

El Rocío ist unser Traumziel. Der unwirkliche Ort mit Westernflair, der weißen Kirche, den breiten Sandstraßen und den vielen Reitern. Daneben die Laguna mit den Flamingos und vielen anderen, eindrucksvollen Vögeln und nicht weit entfernt die anderen Beobachtungsgebiete im Doņana-Nationalpark. Bei unserem letzten Besuch litt die Gegend sichtlich am Wassermangel. Würde es auch diesmal wieder so sein? Um es gleich zu sagen: ja. Die Reiher- und Löfflerkolonie, die wir bei unserem ersten Besuch im Informationszentrum José Antonio Valverde beobachten konnten, gab es auch in diesem Jahr nicht. Entsprechend einsam war das Zentrum. Diesmal immerhin waren die Straßen zum Zentrum in einem sehr viel besseren Zustand. Keine Abenteuertour mehr durch kratergroße Schlaglöcher, dazu ein gut ausgeschilderter Weg, der ja doch recht lang ist von El Rocío aus.
Observatorium in El RocíoTrotzdem gab es in und um El Rocío noch viel mehr zu sehen, soviel, daß uns die vier Tage viel zu kurz vorkamen und wir jeden Moment genossen. Zuerst der Ort selber. Wo gibt es das schon, daß man in so ziemlich jedes Restaurant gehen kann ohne Sorge, daß die Kinder früher oder später für Chaos sorgen werden? Der Sand an den kaum befahrenen Straßen sorgt für viele Stunden Spielspaß, während die Eltern einigermaßen in Ruhe essen können. Ein weiter Pluspunkt: das neue Informationszentrum Centro Ornitológico Francisco Bernis der Spanischen Ornithologischen Gesellschaft. Von dort aus läßt sich ein Teil der Lagune überblicken, während im Hintergrund der Wiedehopf ruft. Ein Stück entfernt sind die Spanischen Kaiseradler zu entdecken. Es ist sogar an eine Kinderspielecke gedacht.
Unsere Unterkunft bezogen wir in einer alten Pferdestraße am hinteren Ortsrand. Gleich daneben fand sich ein Pferdestall. Bei unserem inzwischen vierten Besuch im Ort merkten wir jetzt auch zum ersten Mal, daß es im Ort Straßen nach vorne gibt und Straßen nach hinten. Die Grundstücke grenzen jeweils in einer Straße mit dem Vordereingang, in der nächsten Straße mit dem Hintereingang an den Weg. Über eine noch mal sehr viel sandigere Piste führt ein Weg aus dem Ort heraus, immer an der Nationalparkgrenze entlang. Dort gab es eines Abends einen Pillendreher bei der Arbeit zu sehen. Der Weg führte wohl noch sehr lange immer weiter, doch irgendwann zwangen die Dunkelheit und die umherstreifenden Wildschweine zur Umkehr.
Was gab es noch zu tun? Natürlich die üblichen Beschäftigungen in der Nähe des Ortes: die Bretterwege in den nähergelegenen Informationszentren des Nationalparks: Acebuche, La Rocina und Palacio del Acebrón. Natürlich wollten die Kinder nie den ganzen Weg gehen, aber das machte den Besuch auch zu etwas Besonderem: Die Eltern mußten sich sehr viel Zeit nehmen, so wurde dann aus einem kurzen Stopp (der es ohne Kinder gewesen war) schon fast ein Tagesausflug.
Dann ist da natürlich noch der Atlantik, den wir nach einiger Zeit zum ersten Mal wieder begrüßen konnten. Das große Wasser war für die Kinder natürlich weniger attraktiv. Der viele Sand natürlich umsomehr. Also gab es Strandtage in der Nähe von Matalascaņas. Schließlich konnten wir noch die Lagune besuchen. Irgendein seltener Vogel trieb sich dort immer herum, und wenn nicht, konnten wir immerhin noch die Flamingos beobachten.
Abenteuer gab es auch in der Unterkunft. Schlimmes Erlebnis für Erwinmann: Die Kinder spielten in der Gemeinschaftsküche gern mit Töpfen aus dem Schrank. Bis es der argentinischen Zimmerfrau zu bunt wurde und sie den Kindern die Töpfe wegnahm. Das ging nicht ohne Tränen. Nicht so sehr wegen der weggenommenen Töpfe, sondern noch mehr wegen der Kritik von einer Fremden. Sehr viel positiver: Hein kann laufen! Der Geschirrspüler in unserer neuen Bleibe war so verlockend, da wollte er lieber schnell hinlaufen, als erst umständlich zu krabbeln.
StelzenläuferFrüh am Morgen und spät am Abend war es dann möglich, daß sich ein Elternteil entfernt, während der andere die kleinen, im Idealfall schlafenden Leute bewachte. Ein Tipp: die Lagune im ersten Morgenlicht. Traumhaft, wenn sich der Nebel übers Wasser legt, das Vogelkonzert einsetzt, und die vielen Wasservögel von ihren Schlafplätzen einfliegen, um ihr tägliches Mahl zu beginnen. Noch nie zuvor haben wir El Rocío so genossen wie diesmal. Für uns ist es definitiv einer der Orte, die sich mit Kindern am besten bereisen lassen.

Abschied vom Urlaub - El Puerto de Santa María, 21./22. April

Für die letzte Nacht hatten wir eine Unterkunft in der Nähe des Flughafens Jérez gesucht, da unser Flieger schon recht früh starten sollte. Schließlich landeten wir in El Puerto. Das war nicht so richtig nah. Dort gab es aber eine schön große Unterkunft in einem Apartmenthaus, das sonst vor allem von portugiesischen Gaststudenten genutzt wurde, die die Sonnabendnacht zum Ausgehen nutzten. Wir hatten, dank unserer frühen Ankunft, aber noch ein ganzes Stück vom Sonnabend und konnten ein wenig die Stadt zu Fuß erkunden. El Puerto ist vor allem bei Spaniern beliebt. Das Stadtzentrum liegt nicht direkt am Meer, ist damit aber durch den Rio Guadalete verbunden.
In der Fußgängerzone reiht sich ein Fischlokal an das nächste. Die Fische in den Auslagen lassen sich direkt bestellen. Wir hielten uns jedoch nur an die Tapas, ebenfalls aus Meeresfrüchten. Der ganz kleine Mann probierte immer und immer wieder die zu den Tapas gereichte Zitrone.
Nach dem Essen spazierten wir zum lokalen Castillo. Das war groß und abweisend durch seine hohe Mauer. Leider führte auch wirklich gar kein Weg hinein. Es war geschlossen. Immerhin konnten wir die dort brütenden Störche bewundern. Dann zog es uns - und dabei vor allem die kleinen Leute - noch zu einem Brunnen, an dem sich die Flotte von Christoph Kolumbus noch einmal mit Wasservorräten versehen hatte, bevor es aufging, um Amerika zu finden. Die Kinder fanden das plätschernde Wasser aber auch ohne den geschichtlichen Hintergrund ganz interessant.
Am Abend, unserem letzten Abend, stießen wir wieder auf unser typisch spanisches Problem mit den asynchronen Essenszeiten. Hätten wir mal nicht nur Tapas zum Mittagessen gehabt. Da wir nicht kochen wollten und auch keine Vorräte mehr hatten, blieb uns nur noch, essen zu gehen. Doch bevor die Schlafenszeit der kleinen Leute begann, wollte auch kein Restaurant weit und breit öffnen. Die Rettung bestand dann wieder einmal darin, eine Tapasbar zu plündern.
Im Anschluß dann hieß es: schlafen, früh aufstehen, das Auto volladen und auf zum Flughafen. Tschüß, Spanien, tschüß, Andalusien. Wir wollen unbedingt bald einmal wieder kommen.

Ziegenhof in der Sierra de Grazalema