Treppauf, treppab im Kinderwagen - Pragurlaub mit Baby, Juli 2009 Urlaub mit Baby. Mal was anderes. Angekommen in Prag-Holešovice die erste knifflige Aufgabe: ein U-Bahn-Ticket besorgen ohne tschechisches Kleingeld. Ein Tabakladen hilft weiter. Knifflige Aufgabe Nr. 2: Bahnsteige erreichen und wieder verlassen. Dies geht nur, indem wir in einer Hand den Koffer, in der anderen den Kinderwagen die Treppen hinauf oder hinab balancieren. Ein Thema, das uns in Prag nicht mehr verlassen wird. Aber da sind auch deutsche Bahnhöfe nicht immer Vorreiter.
Dann sind wir endlich im Antik City Hotel angekommen. Kind wickeln und füttern. Babybrei ist doch schwerer zu bekommen als gedacht. Sollten nur deutsche Babies in den Genuß der immer gleich schmeckenden Breigläschen kommen? Zum Glück reichen die mitgebrachten Vorräte weitgehend. Das Hotel in der Neustadt ist ruhig gelegen. Also kann die Stadt erkundet werden. Der Sommerhitze trotzen wir. Die Altstadt beginnt unweit vom Hotel. Unvermittelt saugt uns der Touristenstrom auf, und wir treiben in Richtung der Karlsbrücke, die über die Moldau führt. Zunächst vorbei an Souvenirläden mit böhmischem Kristall, Andenkentassen, T-Shirts und allerhand Holzspielzeug. Dann auf der Brücke finden wir uns inmitten von Menschen, die sich gegenseitig fotografieren und die Reliefs am Brückengeländer mit ihren Händen polieren, um sich unausgesprochene Wünsche erfüllen zu lassen. Zwischen ihnen, Stand an Stand, Händler, die darauf aus sind, Schmuck oder, naheliegend, Bilder und Fotos der Karlsbrücke zu verkaufen und Künstler, die anbieten, Portraitzeichnungen von den Touristen anzufertigen. Der Kinderwagen bedeutet: Es wird noch enger als so schon. Mehr Platz haben nur die Bauarbeiter aus Südosteuropa, die in der abgesperrten Brückenhälfte herumwerkeln.
Dann hinter der Brücke der Lieblingsort unseres Urlaubs: Himmlische Ruhe, die Touristenströme sind auf dem kurzen Weg schon an der ersten Kreuzung verloren gegangen. Das ist die passend benannte Kleinseite oder Mala Strana. Alles ist kleiner. Die Häuser und Straßen sind eher dörflich als weltstädtisch und das nirgendwo mehr als an der verzaubert wirkenden Mühle. Die allergrößte Freude besteht jedoch darin, in Seitenstraßen abzubiegen, ohne je zu wissen, ob sie als Sackgasse in einem Innenhof enden oder zu anderen malerischen Straßen führen. Immer da ist die Moldau, sei es, daß man direkt an ihr Ufer gelangt oder von weiter oben den Panoramablick über den Fluß genießen kann. Der Kinderwagen begrenzt unseren Aktionsradius jedoch auf die ebenen Bereiche des Viertels,
Auf dem Weg zum Hradschin, der riesigen Burganlage oberhalb des Flusses, reihen wir uns wieder in die Menschenmassen ein. Der Weg ist steil, aber zu bewältigen. Unzählige Souvenirläden ermöglichen auch, sich mit kalten Getränken zu versorgen. Oben angekommen, vorbei an den Wachsoldaten und über den ersten Burghof, gibt der zweite, größere Burghof dem kleinen Mann die Chance, seine Krabbelkünste den staunenden Touristen vorzuführen. Er erntet dafür bewundernde Worte in verschiedenen europäischen Sprachen und ist für einen kurzen Moment das interessantere Fotomotiv im Vergleich zu den historischen Gebäuden um ihn herum. Wir stellen uns in die Menschenschlange, vor dem St.-Veits-Dom, die sich langsamer bewegt, als gedacht, und bestaunen schließlich das Innere der Kirche, wobei der kleine Mann fachmännisch die Holzverzierungen überprüft. Vom Dom abgesehen, belassen wir es dabei, die vielen Gebäude, die zusammen die Prager Burg bilden, von außen zu betrachten. Mit Kind und Kinderwagen wären wir im Inneren verloren, und der Nachwuchs hat andere Prioritäten. Wie zum Beispiel den noch etwas weiter oberhalb gelegenen Burggarten mit dem Singenden Brunnen, der sich wie ein Glockenspiel anhört, wenn man den Kopf unter das Becken hält. Der Garten ist groß genug, um eine freie Bank zu finden, die der Familie Gelegenheit gibt, Babybrei und mitgebrachten Kuchen zu verzehren. Der Rückweg führt direkt nach Josefov, Josefstadt, ins ehemalige jüdische Viertel Prags. Zugang zum Jüdischen Friedhof gibt es jedoch nur in Kombination mit einer (vergleichsweise teuren) Eintrittskarte für vier weitere jüdische Museen. Als uns unser Weg zum zweiten Mal am Eingang zum Friedhof vorbeiführt, entschließen wir uns doch dazu, hineinzugehen. Die alten, dicht gedrängten, fast übereinander liegenden Grabsteine auf dem viel zu engen Gelände lassen nur geradeso Platz, um mit dem Kinderwagen auf dem vorgeschriebenen Weg hindurch zu finden. Leider tragen sie sämtlich hebräische Inschriften und bieten damit nicht viel zum Rätseln und Entschlüsseln, und der Betrachter fragt sich angesichts der Enge und der fremden Schriftzeichen, ob denn die Prager Juden, die hier begraben liegen, selbst ihr eigenes Grab hätten finden können. Einen Teil der anderen Museen besuchen wir, der steilen Treppen wegen, im Wechsel. Während einer drinnen ist, bewacht der andere den Kinderwagen mit seiner wertvollen Fracht, im Anschluß werden die Rollen getauscht. Doch schließlich wird uns dies zuviel, und wir beenden den kulturellen Teil unseres Prag-Urlaubs. Alle anderen Museen müssen darauf warten, auf späteren Reisen besucht zu werden.
Es gibt ja auch noch mehr zu sehen: Die Altstadt bietet Gelegenheit für immer neue Entdeckungen: noch mehr verzauberte Durchgänge und
Dann heißt es schon wieder: Koffer packen. Vier Tage Prag mit Kinderwagen reichen aus, um ziemlich platt zu sein. Sie machen dennoch große Lust darauf, mit laufendem Nachwuchs wiederzukommen und hin und wieder auch einmal das Innere der vielen Häuser zu erkunden.
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